Es war einmal ...

Es war einmal ein kleiner Käfer. Karl wurde er gerufen. Karl humpelt. Vor vielen Käferjahren hatte er sich einmal nicht schnell genug vor einer hungrigen Meise in Sicherheit bringen können. Sie hatte ihm die Flügelchen arg ramponiert und zwei seiner sechs Beinchen ausgerissen.
Seitdem ist Karl nicht mehr so schnell wie seine Freunde und er kommt auch nicht mehr so weit in der Welt herum. Er genoß zufrieden die Ruhe in seinem heimatlichem Wald.
Eines Tages passsierte es. Karl war auf einen hohen Baum gekrabbelt und hatte es sich auf einem sonnigen Blatt gemütlich gemacht um in die Ferne zu träumen.
Plötzlich wurde das Blatt von einem Windstoß losgerissen und weit durch die Luft gewirbelt. Karl hielt sich so gut er konnte fest.
Das Blatt flog und flog, bis es endlich sanft zu Boden trudelte. Karl war ganz blass und zitterte am ganzen Körper. Wo war er jetzt nur hingeraten? Er krabbelte erst einmal auf eine hohe Blume um sich einen Überblick zu verschaffen.
Sprachlos schaute er sich um. Anstelle der vielen Bäume und des undurchdringlichen Walddickichtes sah er auf viele bunte, duftende Blumen, in der Ferne Büsche mit seltsamen Früchten, die verlockend in der Sonne leuchteten.
Karl wurde es unheimlich und er versuchte sich hinter einem Blütenblatt zu verstecken.
Da hörte eine zarte Stimme:"Ich beobachte dich schon eine ganze Weile, du brauchst keine Angst zu haben!" Karl schaute sich verdutzt um und sah einen wunderschönen Schmetterling, der sich hinter seinem Rücken auf der Blume niedergelassen hatte. Er brachte vor Erstaunen und Erschrecken kaum ein Wort heraus und stammelte:" Woher weißt du das ich Angst habe und wer bist Du?"
Da lachte der Schmetterling nur: "Komm mit, ich zeige dir wo wir wohnen, du brauchst keine Angst haben!"
"Wer ist wir?" fragte Karl. Aber der Schmetterling lächelte nur und winkte Karl er solle mitkommen. Mit seinen ramponierten Flügelchen war Karl nicht so schnell, aber der Schmetterling wartete immer wieder auf ihn. Sehr weit mußten sie auch nicht fliegen. Auf einem kleinen Platz, von den schönsten Blumen vor neugierigen Blicken versteckt, landete der Schmetterling. Sie wurden schnell von einer kleinen Schar Käfer, Schmetterlinge und Libellen umringt. Alle freuten sich über den unerwarteten Besuch. Sie fragten Karl aus und lauschten mit offenem Mund seinen Erzählungen vom Wald.
Beim Erzählen verging die Zeit sehr schnell und es dunkelte, als sich nach und nach die Käferchen verabschiedeten und nach Hause gingen.
Das hatte Karl noch nie gesehen, dass jedes Käferchen eine eigenes kleines Haus hatte. Keines glich dem anderen und allen sah man an, dass sie mit viel Liebe und Sorgfalt gebaut waren. Karl sah ein wenig wehmütig auf diese lustigen Häuschen. Die anderen bemerkten es und trösteten Karl:"Gleich morgen baust du dir auch so ein Häuschen, und wir alle helfen Dir!"
Karl suchte sich eine geschütze Stelle, deckte sich mit duftenden Blütenblättern zu und schlief nach diesem aufregendem Tag schnell ein.

Leicht finden wir Freunde,
die uns helfen;
schwer verdienen wir uns jene,
die unsere Hilfe brauchen.


Antoine de Saint-Exupéry

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